In einem Rechtsstreit innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit die Lautäußerungen einer psychisch erkrankten Bewohnerin die Wohnqualität ihres Nachbarn beeinträchtigen dürfen. Der Kläger, Eigentümer einer darüber liegenden Wohnung, die er vermietet, sah sich durch Gesänge, Geschrei und andere Lautäußerungen der Beklagten, die direkt unter der von ohm vermieteten Wohnung lebt, gestört. Er empfand diese Geräusche als übermäßige Lärmbelästigung, die auch in seine vermietete Wohnung drangen.
Das Amtsgericht gab der Klage des Eigentümers zunächst statt, jedoch führte die Berufung der Beklagten zu einer Kehrtwende im Rechtsstreit. Auch nach der WEG-Reform des Jahres 2021, kann der betroffene Eigentümer direkt klagen. Dies erfolgte Reform bestätigt zwar das Recht eines Eigentümers, Beeinträchtigungen seines Sondereigentums selbst abzuwehren zu dürfen, doch das Berufungsgericht entschied, dass der Kläger nicht hinreichend darlegen konnte, dass die Geräuschbelästigungen ein unzumutbares Ausmaß erreichten.
Das Gericht stellte fest, dass eine gewisse Geräuschkulisse, die mit dem Wohnen verbunden ist, grundsätzlich hinzunehmen sei. Die Beurteilung, ob Geräusche eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen, basiert auf ihrer Intensität und Dauer. Ein entscheidender Faktor in diesem speziellen Fall war, dass die Geräuschentwicklung durch die Beklagte aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht vollständig steuerbar war.
In der Beweisaufnahme zeigte sich, dass die Geräusche zwar präsent, aber nicht derart intensiv waren, dass sie eindeutig als unzumutbar klassifiziert werden konnten. Zudem waren die Geräusche vor allem dann wahrnehmbar, wenn beide Parteien ihre Fenster geöffnet hatten. Das Gericht war der Auffassung, dass der Kläger bzw. sein Mieter die Möglichkeit habe, sich der Lärmbelästigung zu entziehen, indem er bzw. sein Mieter seine Fenster schließt, insbesondere da die Beklagte ihre Lautäußerungen nicht vollständig kontrollieren kann.
Diese sorgfältige Abwägung der Umstände führte letztendlich zur Abweisung der Klage und zur Übertragung der Verfahrenskosten auf den Kläger. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, wobei eine Revision nicht zugelassen wurde, da es sich um die Bewertung eines spezifischen Einzelfalls handelte. So spiegelt dieser Fall die Herausforderungen wider, die sich aus dem Zusammenleben in einer Gemeinschaft ergeben, und unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl die Rechte als auch die besonderen Umstände jedes Einzelnen sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Urteil: Urteil des Landgerichts Frankfurt 13. Zivilkammer (Az.: 2-13 S 88/20)